Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

Eine kinematische Struktur besteht aus einer Anzahl von Gliedern sowie Gelenken, die diese Glieder miteinander verbinden. Im einfachsten Fall werden diese Glieder als gleichrangig betrachtet, dann spricht man bei der Struktur von einer kinematischen Kette.

Beispiel 1:

Drei kinematische Kette aus jeweils acht Gliedern und zehn Gelenken.

Für die Anzahlen der Glieder und Gelenke werden üblicherweise die Variablen n und k verwendet.

Bei der Strukturanalyse geht es nun um eine Systematisierung solcher Strukturen. Dabei werden die Strukturen ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Verbindung ihrer Glieder betrachtet. Physische Eigenschaften wie Abmessungen und Massen bleiben unberücksichtigt. Lassen sich die Glieder zweier Strukturen so aufeinander abbilden, dass dabei auch die gleichen Glieder durch Gelenke miteinander verbunden sind, so sind diese Strukturen isometrisch; sie gehören zum gleichen Typ. Für die beiden linken Ketten aus Beispiel 1 ist dies der Fall; die rechte gehört zu einem anderen Typ.

Eine weitere Art kinematischer Strukturen sind Mechanismen. Ein Mechanismus hat den gleichen Aufbau wie eine kinematische Kette, aber eins der Glieder ist als Gestell fixiert, und mindestens ein weiteres dient als Antrieb.

Beispiel 2:

Ein Mechanismus mit acht Gliedern und zehn Gelenken. Das Gestell (nicht zusammenhängend außen) und der eine Antrieb (mit Pfeil) zählen zu den Gliedern, werden aber besonders grafisch dargestellt.

Jeder Mechanismen-Typ wird zum Typ einer kinematischen Kette, wenn die Auszeichnung von Gestell und Antrieb(en) wegfällt. Er basiert auf dieser Kette. Der Mechanismus aus Beispiel 2 basiert auf der linken bzw. mittleren kinematischen Kette aus Beispiel 1. Umgekehrt lassen sich aus jeder Kette durch Wahl von Gestell und Antrieb(en) Mechanismen ableiten.

Neben kinematischen Ketten und Mechanismen zählen auch die von Assur vorgeschlagenen und nach ihm benannten Gruppen [2] zu den kinematischen Strukturen. Sie werden in Abschnitt 2. ausführlich vorgestellt.

Das Erstellen von Software, die solche kinematische Strukturen behandelt, ist problematisch, denn dafür wird eine numerische Beschreibung benötigt. Kinematische Strukturen lassen sich aber nur schwer mit Hilfe von Zahlen beschreiben. In der Regel wird zu diesem Zweck eine Nummerierung der Glieder durchgeführt, so dass nur noch die einzelnen Gelenke anzugeben sind. Das kann dann mit Hilfe der vergebenen Gliednummern geschehen, z.B. in Form einer Matrix der Dimension n×n. Für ein Gelenk, das die Glieder mit den Nummern A und B verbindet, enthält diese so genannte Gliedmatrix den Wert 1 im Feld (A,B). Sie ist demnach symmetrisch.

Beispiel 3:

Eine Gliednummerierung und die Beschreibung der kinematischen Kette durch die Gliedmatrix, die diese Nummerierung verwendet.

Wie schon erwähnt, ist die numerische Beschreibung von kinematischen Strukturen problematisch. Die eben vorgestellte, einfache Methode über die Nummerierung der Glieder hat also einen Haken. Dieser Haken besteht darin, das eine auf Gliednummerierung basierende Beschreibung wie die Gliedmatrix nicht wirklich die Struktur beschreibt, sondern vielmehr die Struktur und die durchgeführte Nummerierung. Mit einer anderen Nummerierung entsteht eine völlig andere Beschreibung. So gibt es mehrere hundert verschiedene Gliedmatrizen, die alle zur Kette aus Beispiel 3 isometrische Strukturen beschreiben, also letztendlich den gleichen Typ. Zur Systematisierung von Typen ist diese Methode der Beschreibung deshalb ungeeignet.

In der Studienarbeit "Algorithmierung und Automatisierung der Struktursynthese" [1] wurde ein Algorithmus entwickelt, mit dessen Hilfe sich ein Typencode für Strukturen berechnen lässt. Dieser Typencode ist unabhängig von willkürlichen Mitteln der Repräsentation wie eben der Nummerierung von Gliedern. Er erlaubt dadurch das Vergleichen und Katalogisieren von Strukturen, ohne dass dabei das Problem der Isometrie auftritt. Außerdem wurde dort eine Suche nach allen kinematischen Ketten und Mechanismen mit bis zu 14 Gliedern sowie nach allen Assur-Gruppen mit bis zu 12 Gliedern durchgeführt, in deren Ergebnis nun vollständige Kataloge für diese Typen vorliegen.

Für diese Daten wird nun eine zweckmäßige Software-Infrastruktur benötigt. Dazu zählen:

Gegenstand der Analyse sollen vor allem die Typen der Mechanismen sein, wobei folgende Strukturmerkmale eines Mechanismus von Interesse sind:

Eine Kategorisierung der Typen lässt sich vornehmen, indem bestimmte Einschränkungen bezüglich dieser Eigenschaften getroffen werden. Solche Kategorien sollten sich mit der zu entwickelnden Oberfläche wie ein eigener Katalog handhaben lassen.

Bei all dem wird im Rahmen dieser Arbeit aber nur der elementarste Fall ebener kinematischer Strukturen betrachtet: solche, in denen ausschließlich Drehgelenke auftreten, die jeweils genau zwei Glieder miteinander verbinden. Die Frage, welche der Drehgelenke eines Mechanismus durch Schubgelenke ersetzt werden könnten, wird hier also nicht geklärt. Alle Untersuchungen zu kinematische Ketten und Mechanismen setzen überdies Zwangläufigkeit voraus, d.h. aus der Stellung eines Gelenks der Struktur ergibt sich die Stellung aller anderen Gelenke. Mechanismen mit mehreren Antrieben bleiben ebenfalls außen vor.

2. Algorithmisches Erkennen bestimmter Strukturmerkmale von Mechanismen